Pascal Mroncz arbeitet seit August 2021 bei der Craiss Unternehmensgruppe am Standort Mühlacker.

Bild: Craiss

Innovation, Leidenschaft und Nachhaltigkeit

14.03.2024

Seit zweieinhalb Jahren kümmert sich Pascal Mroncz um Nachhaltigkeit bei der Craiss Generation Logistik GmbH & Co. KG. Ökobilanzierung nach ISO 14083 oder CSRD – sein Team beschäftigt sich mit vielen großen Themen. Wie genau das im Detail aussieht, erzählt er im Interview.

DVZ: Herr Mroncz, Sie treiben seit zweieinhalb Jahren bei Craiss die Nachhaltigkeit voran. Welche Bedeutung hat das Thema im Unternehmen?

Pascal Mroncz: Wir sind seit jeher ein familiengeführter Mittelständler, der für Innovation und Leidenschaft steht. Unsere Geschäftsführung ist schon immer bestrebt, Innovationen zu fördern. Letztlich vielleicht nicht von vornherein unter dem Begriff Nachhaltigkeit gedacht. Aber ich denke, durch Innovation ist schon deutlich zu sehen, dass dieser Wert schon immer bei uns in der Firmenphilosophie verankert ist.

Kümmern Sie sich alleine um das Thema Nachhaltigkeit oder haben Sie ein Team?
Wir sind insgesamt zu dritt. Wenn man das im Vergleich der Branche sieht, gibt es heute meiner Meinung nach nur wenige Wettbewerber, die so gut aufgestellt sind. Wir haben die Ressourcen geschaffen, damit sich drei Personen intensiv um dieses Themengebiet kümmern können, sollen und auch dürfen.

Haben Sie regelmäßigen Kontakt zum Geschäftsführenden Gesellschafter Michael Craiss?

Wir haben mindestens einmal im Quartal ein festes Meeting, bei dem wir uns über aktuelle Themen im Einzelnen austauschen. Aber nicht nur mit Herrn Craiss, sondern mit der gesamten Geschäftsführung. Ich selbst habe wöchentlich ein Meeting mit unserem kaufmännischen Geschäftsführer Matthias Diehm. Wenn kurzfristig Gesprächsbedarf besteht, sprechen wir aber natürlich auch außer der Reihe miteinander.

Nachhaltigkeit muss bekanntlich nach außen und nach innen gelebt werden. Wie nehmen Sie die Craiss-Mitarbeiter bei der Transformation mit?

Wir kommunizieren intern sehr oft. Wir schreiben für unser Haus einen internen Newsletter, der einmal im Monat veröffentlicht wird. Da geht es nicht nur um Projekte, sondern auch um allgemeine Nachhaltigkeitsthemen, etwa um besondere Events, wie beispielsweise die Earth Hour. Mitarbeiter mitnehmen und sensibilisieren, sodass sie sich im Detail damit auseinandersetzen können, denn Nachhaltigkeit ist ein breites Spektrum. Ich und mein Team sind insbesondere für die ökologischen und ökonomischen Aspekte verantwortlich. Die sozialen Faktoren haben wir bei uns in der Personalabteilung angesiedelt.

Pascal Mroncz:

Mroncz ist 29 Jahre alt und absolvierte seinen Bachelor of Science an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg a.N. im Bereich „Erneuerbare Energien mit der Vertiefungsrichtung Anlagen- und Rohstoffmanagement“. Den Master of Science schloss er anschließend an der Hochschule Pforzheim im Bereich „Life Cycle & Sustainability“ ab. Seit August 2021 arbeitet er bei der Craiss Unternehmensgruppe am Standort Mühlacker.

Viele Unternehmen setzen sich konkrete Reduktionsziele für die eigenen CO2-Emissionen. Craiss hat solche Ziele bisher nicht kommuniziert. Gibt es keine?

Bevor wir konkrete Ziele für die Craiss Gruppe als Zahlen definieren, brauchen wir noch validere Daten über unseren Status Quo. Daran arbeiten wir intensiv. Wir wollen nicht wahllos mit Zahlen um uns werfen, von denen wir nicht zu 100 Prozent wissen, was sie für Craiss bedeuten. Viel mehr war es uns wichtig, anzufangen, etwas zu tun und nicht nur eine Zahl zu nennen, von der wir nicht wissen, ob und wann wir diese erreichen können.

Setzen Sie sich dann konkrete Projektziele oder wie bewerten Sie intern den Erfolg ihrer Arbeit? Gibt es auch mittelfristige Fünf- oder Zehn-Jahres-Pläne?

Das kann ich am besten an einem aktuellen Beispiel erklären. Wir haben uns zuletzt rund anderthalb Jahre mit dem Aufbau eines integrierten Managementsystems für die österreichische Gesellschaft beschäftigt. Wir haben also die Qualitätsnorm zertifiziert, die Umweltnorm sowie die Arbeitssicherheit. Das war ein maßgebliches Projekt, was uns sehr viel Zeit und Ressourcen gekostet hat. In diesem Rahmen schauen wir sehr genau, wo wir stehen und wie wir uns stetig verbessern können.

Soll sich das noch ändern?

Wir beschäftigen als mittelständischer Konzern rund 1.000 Leute. Das bedeutet, wir fallen unter die CSRD-Berichterstattung für 2026. Da werden diese Themen abgefragt. Wir haben uns eine Roadmap gesetzt und bereiten uns intensiv vor, ein entsprechendes Reporting mit einer validen Daten- und Zahlenstruktur aufzusetzen.

Wenn Sie erst ab 2026 nach CSRD berichten müssen, haben sie noch zwei Jahre Zeit. Ist schon absehbar, was das für eine Belastung für Sie und ihr Unternehmen sein wird?

Wir können schon grob abschätzen, was auf uns zukommt. Wir wissen, dass es viel Arbeit ist. Das größte Problem ist, die ganzen Daten intern und extern einzusammeln, diese zu sichten und schließlich auszuwerten. Das treibt aktuell jeden in der Branche um. Wie komme ich an die Daten? Wie komme ich in der richtigen Qualität an die Daten? Das Sammeln geht mittels Digitalisierung durchaus schnell. Aber hat man die richtigen Daten für den Zweck? Das wird maßgeblich sein.

Viele Dienstleister bieten bereits Unterstützung rund um die Berichtspflichten an. Schauen Sie sich nach Partnern um oder wollen sie das intern lösen?

Ich habe schon einige Gespräche mit möglichen Partnern geführt, um zu besprechen, ob das Angebot mit unseren Anforderungen zusammenpasst. Wir sind intern intensiv dabei, die Daten in der richtigen Qualität zu suchen, aufzufinden und verwertbar zu machen. Dabei gibt es noch ein Problem: Wenn ich die Daten habe und ausgewertet habe, muss ich diese zukünftig mittels einer zertifizierten Berechnungsmethode bestimmen. Diese genaue Berechnung ist meiner Meinung nach, aktuell noch unklar. In der Branche ist man sich zudem einig, dass ein einheitliches Recheninstrument von der EU geschaffen werden müsste. Nur dann können Benchmarks geschaffen werden. Ich hoffe, hier schafft die EU zeitnah Klarheit.

Haben Sie in ihrer Funktion direkte Ansprechpartner in der nationalen oder internationalen Politik? Oder läuft das über Verbände?

Ich informiere mich hauptsächlich über die Verbände oder im Austausch mit anderen Unternehmen. Nicht nur mit Logistikern, sondern auch mit den Softwareanbietern, die gerade entsprechende Produkte rund um die CSRD-Berichterstattung im Portfolio haben. Diese haben einen sehr guten Blick darauf.

Das GLEC Framework des Smart Freight Centres soll ja der von der Branche geforderte Standard werden.

Vollkommen richtig, GLEC wird der Ansatz sein. Im März 2023 ist zudem die ISO-Verordnung 14083 veröffentlicht worden, die auf dem GLEC Standard basiert. Man muss natürlich bei Scope 1,2 und 3 ins Detail gehen. Nach welchem Standard muss ich meine Emissionen berichten? Bei Scope 2, also Strom und Wärme, ist die Bilanzierung überschaubar. Bei den Scope-1-Emissionen, gerade für Speditionen, schaffen GLEC und ISO 14083 Klarheit. Aber was ist mit Scope drei? Bei vielen Unternehmen macht Scope 3 zwischen 80 und 90 Prozent des Carbon Footprint aus. Das ist also fast immer der deutlich größte Anteil. Wie werde ich das zukünftig berechnen? Das ist aktuell die große Lücke.

Rund um CSRD gibt es also noch einige Fragezeichen und Unklarheiten. Sehen Sie sich denn nun rund zwei Jahre, bevor Sie berichten müssen, gut im Zeitplan?

Ich bin davon überzeugt, dass wir gut in der Zeit liegen. Die meisten Ressourcen müssen Unternehmen, wie wir, für die Datenbeschaffung aufwenden. Da sind wir wie bereits gesagt schon gut unterwegs. Der zweite Schritt ist das Matching. In welche Sparte fallen die Daten? In welche ESRS-Kriterien fallen die Daten? Wo muss ich diese berücksichtigen? Das ist der kleinere Part. Sich erst mal bewusst zu machen, welche Daten gebraucht werden und in welcher Qualität, das ist der größte Part, der den Großteil der Zeit beanspruchen wird. Da kann ich anderen Unternehmen empfehlen, so früh wie möglich zu beginnen.

Wie sind die Aufgaben bei Ihnen im Team rund um CSRD aber auch die anderen Nachhaltigkeitsaktivitäten aufgeteilt?

Wir beschäftigen uns aktuell zu zweit maßgeblich mit dem gesamten Komplex CSRD. Wir haben teamintern kurze Kommunikationswege und stehen immer in engem Austausch. Wir schauen ständig, wo wir stehen, was wir brauchen und was der nächste Schritt sein soll. Derjenige, der gerade Kapazität dafür hat, übernimmt das und entwickelt es weiter. Da sind wir sehr pragmatisch und flexibel unterwegs.

Wie definieren Sie bei Craiss Nachhaltigkeit? Ist es ein Synonym für Umweltschutz? Oder der Dreiklang Ökologie, Ökonomie und Soziales?

Definitiv ist es bei uns der Dreiklang. Die Logistikbranche unterliegt klaren EU-Vorgaben zur Reduzierung der Treibhausgasemittenten. Das bedeutet wiederum, dass wir große Hebel für eine bessere Zukunft in der Hand haben. Emissionen und Umweltschutz sind auch bei uns die großen Themen. Wir legen auch großen Wert auf den sozialen Faktor, wo etwa Arbeitsschutz oder Mitarbeiterförderung und -bindung dazugehört.

Und die Ökonomie?

Nachhaltigkeit muss sich ökonomisch lohnen. Die Investitionszeiträume sind bei der Nachhaltigkeit natürlich größer als sonst. Viele rechnen mit einem Return on Investment (ROI) von drei Jahren und freuen sich, wenn es schneller geht. Bei nachhaltigen Technologien sprechen wir meist von ROI-Zeiträumen von mindestens fünf Jahren. Es gibt gerade in der Logistik sicher kein Unternehmen, was 100.000 € oder mehr in ein Projekt investiert ohne das klare Ziel, dass sich das langfristig finanziell lohnt. Das würden die meisten Mittelständler nicht überleben.

Wie entscheiden Sie denn bei Craiss, welche Investitionen getätigt werden? Gibt es ein festes Budget für Nachhaltigkeitsprojekte?

Ein festes Budget gibt es nicht. Wir schauen ganz genau auf die neuen Technologien und auf die Förderlandschaft. Kürzlich haben wir den ersten BIO-LNG LKW in Betrieb genommen und zwei batteriebetriebene Lkw im Zulauf, weil hier die Rahmenbedingungen hervorragend gepasst haben. Der Markt entwickelt sich aber stetig weiter und wir bleiben am Ball.

Wie groß ist der Fuhrpark von Craiss momentan? Und welche Technologien nutzen Sie dort?

Wir setzen rund 500 Fahrzeugeinheiten ein. Aktuell sind wir noch rein fossil getrieben. Dennoch tut sich momentan sehr viel, etwa beim Thema HVO. Das ist extrem spannend. Craiss hat einen leichten Hebel, wenn ich HVO nutzen kann und es vom Hersteller freigegeben ist. So können rund 90 Prozent reduziert werden, ohne neue Zugmaschinen anschaffen zu müssen. Es muss nur ein anderer Treibstoff einkauft werden, der aktuell noch teurer ist. Mit steigender Nachfrage wird sich der Preis aber auch hier reduzieren.

Wie sehen hierzu die Rahmenbedingungen aus?

Leider noch nicht sehr gut. HVO-Tankstellen sind noch nicht flächendeckend vorhanden. Wir gehen aber davon aus, dass politisch alles in der ersten Jahreshälfte 2024 geklärt sein wird und die ausreichende Abdeckung dann sehr schnell in Deutschland und Österreich vorhanden sein wird.

Lassen Sie uns zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft werfen. Über allem schwebt das große Thema CSRD. Aber welche konkreten Projekte stehen darüber hinaus bei Ihnen im Jahr 2024 an?

Das Thema Elektro LKW wird sicher an Relevanz gewinnen. In der nächsten Generation von Elektro-LKWs wird die Reichweite und Ladedauer dem Anspruch des Fernverkehrs gerecht werden und die dadurch noch gravierende Einsparung der Mautkosten in Deutschland, wird die Attraktivität der Antriebstechnologie auch ökonomisch deutlich aufwerten. Wenn die Ladestelleninfrastruktur standhält, wäre das schon ein Paradigmenwechsel. Daneben werden auch andere alternative Antriebe zu berücksichtigen sein sowie der ressourcenschonende Betrieb von Gebäuden.

Die Umstellung eines Fuhrparks ist ein langfristiges Projekt. Würden Sie da nicht schon jetzt gerne mehr unternehmen?

Der Weg ist weit und er wird maßgeblich davon abhängen, was die Politik entscheidet und vor allem wie die Förderprogramme zukünftig aussehen. Bekanntlich sind die Margen in der Logistik eher klein. Wenn ein Fahrzeug mit einem alternativen Antrieb drei oder viermal so viel in der Anschaffung kostet, wird die Transformation ohne Fördermittel logischerweise nicht oder nur schwer zu stemmen sein.

Craiss und Craiss Austria:

Die Craiss Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Mühlacker ist ein Familienunternehmen in vierter Generation, welches sich seit der Gründung 1931 von einer klassischen Spedition zu einem international aufgestellten Logistikdienstleister entwickelt hat. Das Kerngeschäft ist heute in den Bereichen Transportmanagement und Kontraktlogistik angesiedelt. Für Kunden aus der Automobil- und Technologieindustrie sowie der Medizintechnik und dem Handel entwickelt Craiss kundenspezifische und innovative Logistiklösungen vom Warehousing bis hin zur Übernahme produktionslogistischer Tätigkeiten. Das Unternehmen verfügt heute über 19 Standorte in sieben Ländern. Einer der Hauptstandorte außerhalb Deutschlands befindet sich in Weiz, einer Stadt in der österreichischen Oststeiermark. Dort arbeiten 60 der insgesamt rund 1.000 Craiss-Mitarbeitenden auf 18.000 Quadratmetern Lagerfläche. Mit 1.000 Mitarbeitenden, 500 Fahrzeugeinheiten und 250.000 Quadratmetern Lagerfläche zählt Craiss zu den führenden mittelständischen Logistikunternehmen Deutschlands. Die Geschäftsführung besteht aus Michael Craiss (Geschäftsführer), Matthias Diehm (kaufmännischer Geschäftsführer) und Jörg Schneider (Geschäftsführer der Kontraktlogistik).

Bildergalerie

  • Bild: Craiss

  • Bild: Craiss

  • Bild: Craiss

  • Bild: Craiss

Verwandte Artikel