Das 18-köpfige Team von Papair will den Verpackungsmarkt von unnötigem Plastikmüll befreien.

Bild: Papair
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Papair macht Luftpolsterfolie nachhaltig

01.05.2024

Um fragile Ware beim Transport zu schützen, wird vor allem Plastik verwendet. Ein Start-up aus Hannover bietet mit einer Luftpolsterfolie aus Papier eine umweltfreundliche Alternative.

Fabian Solf ist Anfang 20, als er im Rahmen seines Bachelorstudiums zum Holzingenieur einen Kurs zum Thema Start-up-Gründung belegen will. Das Problem: Das Seminar an der Hildesheimer Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst ist restlos überfüllt. Um einen Platz zu bekommen, muss er vorab eine konkrete Idee einreichen.

„Am Wochenende vor dem Deadline Day war ich bei meinen Eltern zu Besuch“, erinnert sich Solf. „Meine Mutter hat in der Leuchtmittelindustrie gearbeitet. Sie erzählte mir, dass sich ein Kunde über die Verpackungen aus Kunststoff beschwert hat.“ Um doch noch in den Kurs aufgenommen zu werden, nutzt Solf das als Inspiration: Nachhaltige Luftpolsterfolie aus Papier lautet sein Vorschlag, den er kurz darauf einreicht – mit Erfolg.

„Das war erst mal nur eine Idee, ohne überhaupt die technische Machbarkeit geprüft zu haben. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich den Abschluss meines Studiums im Blick und weniger die Umsetzbarkeit der Idee“, erinnert sich Solf an den Moment, der alles ins Rollen brachte. Zwei Jahre später – im Juli 2020 – gründen er und seine Freunde Christopher Feist und Steven Widdel das Start-up Papair. Seit Mitte 2023 produzieren sie in einer Halle in Rethem in Niedersachsen die erste Luftpolsterfolie aus Recyclingpapier.

Auf knapp 2.000 Quadratmetern Hallenfläche rollen etwa 25.000 Quadratmeter des umweltfreundlichen Verpackungsmaterials im Monat vom Band. Eine neue Anlage soll die Kapazitäten ab Juni auf 250.000 Quadratmeter erhöhen. Zusätzlich soll die Breite der überwiegend in Rollen verkauften Luftpolsterfolie in Anlehnung an die Standardmaße einer Europalette von derzeit 35 auf 80 Zentimeter erweitert werden.

WG-Küche statt Labor

Die Technologie hinter „PapairWrap“ haben die Gründer im Februar 2021 zum Patent angemeldet. Doch bis dahin war es ein langer Weg. „Mit der Pandemie, regenarmen Sommern und dem Krieg in der Ukraine haben wir gefühlt jede Krise wie dem Chipmangel, unterbrochenen Lieferketten und eingeschränkten Transportkapazitäten mitgenommen“, erinnert sich Widdel, CTO von Papair. Der 29-Jährige studierte „Technologie nachwachsender Rohstoffe“ in seinem Heimatort Hannover, seine Mitgründer kennt er privat schon länger. „Fabian und ich kommen aus demselben Ort und waren sogar auf der gleichen Schule.“ Durch ein gemeinsames Interesse – Eishockey und die Liebe zum Verein Hannover Indians – haben sich die drei näher kennengelernt.

Den finanziellen Grundstein legten 2020 das Gründungsstipendium der NBank und das familiäre Umfeld der Gründer. Zum improvisierten Produktionsort wurde durch coronabedingte Schließungen von Hochschullaboren die WG-Küche von Mitgründer Fabian Solf. „Da haben wir mit einem Lochblech und verschiedenen Papieren die ersten Versuche gemacht“, sagt Widdel. Auch ein Hobby-3D-Drucker kam für den ersten Prototyp zum Einsatz.

„Mit den Mustern sind wir zu verschiedenen Akteuren in der papierverarbeitenden Industrie gegangen“, erinnert sich Widdel. Doch der Wille zur Veränderung war in den Unternehmen nicht so groß wie zunächst erhofft. Aufgeben war für die Gründer dennoch keine Option: Sie absolvierten verschiedene Accelerator-Programme und sicherten sich im Rahmen einer Crowdinvesting-Kampagne im Juni 2021 400.000 Euro für ihre Geschäftsidee. Fünf Monate später folgte eine Pre-Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 750.000 Euro. Am 11. April haben die Gründer jetzt ihre letzte Finanzierungsrunde abgeschlossen. „Nun kann es in die Skalierung gehen“, verkündet Widdel.

Zurück in den Recyclingstrom

Die Kunden des Start-ups kommen vor allem aus der Industrie. Verpackt werden unter anderem Produkte wie Metallbauteile, Sanitärzubehör, Keramik oder auch Prothesen. Anschließend wird das Produkt über die blaue Tonne dem Recyclingstrom zugeführt.

„Unsere Lösung funktioniert bis zu einem gewissen Gewicht von Produkten. Schwere Gegenstände bräuchten zusätzlich noch einen Kantenschutz“, gibt Widdel zu bedenken. „Das gilt für herkömmliche Luftpolsterfolie allerdings genauso.“

In den kommenden Monaten soll der genaue CO₂-Fußabdruck für „PapairWrap“ berechnet werden, um den Klimavorteil in Zahlen nachweisen zu können. Zusätzlich sind weitere Produkte wie Beutel, Versandkartons und eine wasser- und ölabweisende Beschichtung für das bestehende Produkt geplant.

Bildergalerie

  • Die Papair-Gründer Christopher Feist, Steven Widdel und Fabian Solf (v.l.).

    Die Papair-Gründer Christopher Feist, Steven Widdel und Fabian Solf (v.l.).

    Bild: Papair

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