Schlechte Luft über Paris. Ein Einwohner fordert deshalb 21 Millionen Euro Schadensersatz. Er sieht seine Gesundheit geschädigt. (Foto: VladOrlov/iStock)

EuGH: Keine Schadensersatzansprüche wegen schlechter Luftqualität

01.03.2023

Ein Einwohner von Paris fordert 21 Millionen Euro Schadensersatz, weil die französischen Behörden seiner Meinung nach nicht genug tun, um die Luft sauber zu halten. Ein solcher Anspruch würde der Diskussion über Fahrverbote in Europas Städten wohl eine neue Dynamik geben.

Es ist ein Urteil, das die Diskussion über Fahrverbote in Europas Städten beeinflussen dürfte: Einzelpersonen können aus der EU-Richtlinie für Luftreinhaltung (2008/50/EG) keine Ansprüche auf Schadensersatz ableiten, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH). Die Luftqualitätsrichtlinie verpflichte die EU-Staaten allerdings, die „menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt“ vor den Folgen schlechter Luft zu schützen. Einzelpersonen müssten die Möglichkeit haben, von den Behörden zu verlangen, dass sie etwas dafür tun und zum Beispiel einen Luftqualitätsplan aufstellen. Das könnten sie vor nationalen Gerichten einklagen.

Die nationalen Gerichte könnten Behörden etwa durch Zwangsgelder antreiben, tätig zu werden, urteilte der EuGH. Außerdem verhindere EU-Recht keine nationalen Vorschriften, die Individuen eventuell doch Schadensersatzansprüche wegen schlechter Luft einräumen.

Dem Urteil liegt ein Rechtsstreit aus Frankreich zugrunde. Ein Einwohner von Paris will 21 Millionen Euro Schadensersatz haben, weil seine Gesundheit unter der seit 2003 zunehmenden Belastung der Luft im Großraum Paris durch Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub gelitten habe. Er führt die Verschlechterung darauf zurück, dass die Behörden die EU-Luftqualitätsnormen nicht durchgesetzt hätten. Nachdem ein Gericht in Versailles die Klage abgewiesen hatte, legte der Kläger Berufung ein. Der Cour administrative d'appel de Versailles, der nun über den Fall entscheiden muss, hat den EuGH um Auslegung des EU-Rechtsrahmens gebeten.

Der Gerichtshof ist bei seinem Urteil nicht den Empfehlungen von EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott gefolgt. Die hat in ihrem Plädoyer im Mai ausgeführt, dass Einzelpersonen durch die EU-Richtlinie prinzipiell ein Recht auf Schadensersatz hätten. Ende Oktober hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Grenzwerte für Luftschadstoffe weiter zu verschärfen. (Az: C-61/21)

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