Bereits in diesem Jahr könnte zum ersten Mal eine Maschine von Swiss mit dem Solarkerosin von Synhelion betankt werden.

Bild: Swiss

Sonne kann nicht nur Strom: Wie wäre es mit Kerosin?

13.02.2024

Die Lufthansa-Tochter Swiss und der Solarkerosin-Hersteller Synhelion arbeiten seit drei Jahren gemeinsam an der Markteinführung des nachhaltigen Treibstoffs. 2025 soll die erste kommerzielle Anlage in Spanien entstehen.

Die Schweizer Fluggesellschaft Swiss und der Solarkerosin-Hersteller Synhelion arbeiten seit 2020 gemeinsam an der Markteinführung und Kommerzialisierung des mit Solarenergie hergestellten Treibstoffs. Für die Erreichung ihrer CO2-Ziele – bis 2030 sollen die Netto-CO2-Emissionen gegenüber 2019 halbiert und bis 2050 eine Netto-Null-CO2-Bilanz erreicht werden – steht für Swiss unter anderem der Ausbau der Nutzung von Sustainable Aviation Fuels (SAF) im Fokus.

„Die Zivilluftfahrt gehört zu den am schwierigsten zu dekarbonisierenden Sektoren und trägt eine große Klimaverantwortung. Als größte Schweizer Fluggesellschaft haben wir einerseits die Verpflichtung, aber auch die Möglichkeiten, innovative Entwicklungen voranzutreiben“, betonte ein Unternehmenssprecher von Swiss gegenüber der DVZ.

Der Plan der Kooperation sieht vor, dass Swiss die erste Abnehmerin des Solartreibstoffs von Synhelion wird und damit die erste Airline, die Solartreibstoff im regulären Flugbetrieb einsetzt. Genaue Angaben zum Datum und der geplanten Strecke könnten erst nach der Fertigstellung der ersten industriellen Anlage Dawn, die derzeit im nordrhein-westfälischen Jülich errichtet wird, kommuniziert werden, wie Unternehmenssprecher beider Unternehmen auf Anfrage der DVZ mitteilten. Die industrielle Anlage Dawn, deren Eröffnung für Juni 2024 geplant ist, soll unter anderem die Machbarkeit der von Synhelion entwickelten Technologie im großen Maßstab demonstrieren. Hierfür sollen Solartreibstoff-Batches, ein paar tausend Liter pro Jahr, für entsprechende Showcases hergestellt werden, verrät Carmen Murer, Head of Corporate Communication bei Synhelion, der DVZ.

Herstellungsverfahren und Zukunftspläne

Für die Herstellung von Solarkerosin, bei der grundsätzlich auf fossile Energieträger verzichtet wird, nutzt Synhelion die ergiebigste erneuerbare Energiequelle der Erde – die Sonne. In der Anlage in Jülich wird die Sonnenstrahlung durch ein Spiegelfeld reflektiert, auf einen Receiver konzentriert und dort in Hochtemperatur-Prozesswärme (um 1.500°C) umgewandelt. Mit dieser aus Solarenergie erzeugten Prozesswärme wird in einem thermochemischen Reaktor aus CO2, Wasser und Methan ein Synthesegas hergestellt, welches anschließend mit industriellen Verfahren zu Treibstoffen wie Kerosin, Benzin und Diesel verarbeitet wird. Um die Anlage rund um die Uhr nutzen zu können, wird ein Teil der erzeugten Wärme in einem thermischen Energiespeicher abgezweigt, der den Reaktor in der Nacht betreibt.

Nach der Fertigstellung der industriellen Anlage Dawn in Deutschland ist ab 2025 der Bau der ersten kommerziellen Solartreibstoff Anlage in Spanien geplant, in der 1.000 Tonnen Solartreibstoff pro Jahr produziert werden sollen. „2033 möchten wir eine jährliche Produktionskapazität von rund 1 Million Tonnen Treibstoff erreichen. Damit könnte etwa die Hälfte des Schweizer Kerosinbedarfs gedeckt werden“, erklärte Murer der DVZ. Weiterhin sei bis 2040 geplant, rund 40 Millionen Tonnen Treibstoff pro Jahr zu produzieren, womit sich etwa die Hälfte des europäischen Kerosinbedarfs abdecken ließe.

SAF in der Luftfahrt

2022 hat die Lufthansa Group, zu der die Fluggesellschaft Swiss gehört, rund 13.000 Tonnen SAF eingesetzt, was knapp 0,2 Prozent des gesamten Treibstoffbedarfs der Lufthansa Group (7,6 Millionen Tonnen) und etwa 5 Prozent des weltweit verfügbaren SAF ausmacht. Um in Zukunft einen nahezu CO2-neutralen Flugbetrieb ermöglichen zu können, sind größere Mengen SAF erforderlich.

„Rund 80 Prozent der CO2-Emissionen des Luftverkehrs entstehen auf Flugstrecken von mehr als 1.500 Kilometern. Es gibt zurzeit keine Technologie oder alternative Antriebsart, wie zum Beispiel Elektro- oder Wasserstoffflugzeuge, die in naher Zukunft in der Lage sein wird, Langstreckenflüge durchzuführen“, erläutert ein Unternehmenssprecher von Swiss. Durch die Einschränkung der technischen Lösungen liege der Schlüssel für eine nachhaltigere zivile Luftfahrt bei den nachhaltigen Treibstoffen.

Umso wichtiger ist es, auch neue Quellen und Technologien zu erschließen und voranzutreiben. Die Partnerschaft zwischen Swiss und Synhelion zielt darauf ab, erste Pilotprojekte zu realisieren und die globale Produktionskapazität auszubauen. Derzeit sind SAF noch vier- bis sechsmal teurer als herkömmliches Kerosin. Mit der Skalierung der SAF-Technologien geht Synhelion davon aus, dass der Preis in Zukunft stark sinken wird, wie Murer der DVZ mitteilte. Daher sei es ebenso ein Ziel, für das Solarkerosin Produktionskosten zu erreichen, die mit den der anderen Technologien für nachhaltige Treibstoffe wettbewerbsfähig sind.

Bildergalerie

  • Für die Herstellung des Solarkerosins hat Synhelion vier Innovationen entwickelt.

    Für die Herstellung des Solarkerosins hat Synhelion vier Innovationen entwickelt.

    Bild: Synhelion

  • In Jülich entsteht derzeit die erste industrielle Anlage Dawn, bei der die vier innovativen Entwicklungen zum Einsatz kommen. Dort steht ebenfalls bereits die industrielle Anlage mit dem DLR Solarturm (s. Bild).

    In Jülich entsteht derzeit die erste industrielle Anlage Dawn, bei der die vier innovativen Entwicklungen zum Einsatz kommen. Dort steht ebenfalls bereits die industrielle Anlage mit dem DLR Solarturm (s. Bild).

    Bild: Synhelion

Verwandte Artikel