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Was Logistik-Azubis im Wald suchen

18.04.2024

Die Logistik wird grüner. Diese Entwicklung schlägt sich zunehmend in Stellengeboten und Ausbildungsplänen der Unternehmen im gewerblichen Bereich der Branche nieder.

Was suchen angehende Disponenten in einem frisch gepflanzten Mischwald? Wonach halten zukünftige Fachkräfte für Lagerlogistik auf den PV-Dächern ihres Ausbildungsbetriebes Ausschau? Warum folgen Berufskraftfahrer im Zuge ihrer Ausbildung auch Umwelt-Hinweisschildern? „Unsere Ausbildungspläne und Stellenausschreibungen berücksichtigen aktiv nachhaltige Aspekte. Dies beinhaltet eine Sensibilisierung für ökologische Fragestellungen, insbesondere im Zusammenhang mit Transport, Lagerung und Distribution“, antwortet Oliver Rüter, Geschäftsführer von Cretschmar Cargo Süd.

Der Düsseldorfer Logistiker, der für seine Kunden grenzüberschreitende Transporte zwischen Deutschland und den europäischen Mittelmeer-Anrainerstaaten im B2B-Bereich organisiert, hat vor drei Jahren das Projekt „8,5 Prozent“ angestoßen, eine Plangröße, mit der das Unternehmen seinen Klimazielen jedes Jahr ein Stückchen näherkommen will, beispielsweise durch die Einführung nachhaltiger Verpackungsmaterialien im Lager, der Disposition von Lieferketten mit besserer CO2-Bilanz und der Nutzung erneuerbarer Energien. „Wir betrachten Nachhaltigkeit als gemeinsame Verantwortung aller Mitarbeitenden im Unternehmen und dazu gehören selbstverständlich auch unsere Auszubildenden“, so Rüter, der davon überzeugt ist, dass die Vermittlung nachhaltiger Praktiken im Rahmen der Ausbildung Logistikjobs attraktiver macht.

Klimawende schafft neue Jobbilder

Auch beim Logistikdienstleister Hellmann sind Ausbildung, Berufsbezeichnungen und Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen mit den Themen der Klimawende verbunden. „Nachhaltigkeit ist eine zentrale strategische Säule der Unternehmensentwicklung bei Hellmann“, sagt Daniel Ackermann, Chief People Officer Germany bei dem Osnabrücker Logistiker. Welche Bedeutung der Konzern diesem Thema beimisst, zeigt eine Top-Personalie: Seit Jahresanfang ist Stefan Borggreve bei Hellmann als neues Vorstandsmitglied für die Bereiche Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit verantwortlich.

Gleichzeitig gebe es bereits seit vielen Jahren konkrete Jobangebote, die sich inhaltlich mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitsfragen beschäftigen und die sich in den letzten Jahren vermehrt auch in Jobtiteln widerspiegeln, ergänzt Ackermann. Von zentraler Bedeutung sind die Themen der Energiewende bei Hellmann insbesondere für Berufskraftfahrer und Disponenten. „Durch die Umstellung von herkömmlichen Verbrennern auf alternative Antriebe ändern sich die Anforderungen an die Touren- und Routenplanungen“, so Ackermann weiter. Dies setze aufgrund der Reichweitenthematik bei E-Lkw neben einer intelligenten Tourenplanung die Schulung von Fahrern voraus, die auf neue batteriebetriebe Fahrzeuge umsteigen. Um die globale Belegschaft zu befähigen, ökologisch sinnvolle und verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen, werden entsprechende Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen, unter anderem an der Hellmann Academy, durchgeführt.

Ausbildung zum Energie-Scout


Einen besonderen Weg der Qualifizierung geht Reber Logistik aus Germersheim. Das Möbel- und Kontraktlogistikunternehmen, das seine Klimaziele seit Jahren mit zahlreichen Maßnahmen konsequent verfolgt, bildet Azubis in Zusammenarbeit mit der IHK Osnabrück – zusätzlich zum bestehenden Ausbildungsprogramm – zu sogenannten Energie-Scouts aus. Nach dieser Qualifizierungsmaßnahme für Auszubildende tragen diese in ihren Ausbildungsbetrieben dazu bei, Energieeinsparpotenziale zu erkennen, zu dokumentieren und Verbesserungen anzuregen. „Im Zuge der Qualifizierung ist vorgesehen, dass die Azubis gemeinsam mit ihren Ausbildungsleitern oder einem Energie-Ansprechpartner im Betrieb ein eigenes Energieeffizienzprojekt konzipieren und durchführen“, berichtet Isabelle Kauffeldt, Abteilungsleiterin HR bei Reber Logistik.

Einen festen Platz hat bei dem Logistiker, der derzeit 18 Auszubildende beschäftigt, ein Ausflug mit allen Azubis in ein acht Hektar großes Waldstück in der Gemarkung Grunow, im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree. Hier hat das Unternehmen bereits mehr als 30.000 Rotbuchen und Stileichen gesetzt, die dazu beitragen sollen, die Lkw-Flotte klimaneutral zu machen. „Wir wollen unseren Auszubildenden Nachhaltigkeitsziele unseres Unternehmens nachvollziehbar vermitteln und deutlich machen, welchen Stellenwert Klimaschutz bei Reber Logistik besitzt“, sagt Kauffeldt.

Grüne Logistik (vor-)leben

Ähnlich sieht das Dominik Uhl, Leiter Recruiting und Organisationsentwicklung beim Wormser Logistiker TST. „Wir können Nachhaltigkeit nicht qua Ausbildungsplan verordnen, wir müssen mit Leib und Seele vorleben, was wir unter grüner Logistik verstehen und welchen Beitrag unsere Auszubildenden dazu leisten können.“ Statt in den Wald geht es bei TST beispielsweise bei der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik aufs Dach eines Logistikzentrums, das über eine dachgebundene Photovoltaikanlage grünen Strom produziert. „Der Blick über das Meer aus PV-Modulen beeindruckt und macht klar, dass die Energiewende aus einer Vielzahl einzelner Maßnahmenbausteine besteht, die in den Alltag eines Logistikers integriert werden können.“ Schulungen zum Thema Umwelt und Nachhaltigkeit gibt es bei TST allerdings nicht nur für die Auszubildenden, sondern für alle Mitarbeitenden. Sie reichen von Dialogveranstaltungen mit dem Umweltbeauftragten oder dem Qualitätsmanagement des Unternehmens bis zu konkreten Tipps zum Wasser- und Energiesparen oder zur Plastikvermeidung. Vergessen oder übersehen lassen sich diese Inhalte kaum. Umwelt-Hinweisschilder erinnern an vielen Stellen im Unternehmen daran, verantwortungsbewusst mit der Umwelt umzugehen.

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