Airlines müssen ab 2025 auch Nicht-CO2-Effekte an die Behörden melden – zu diesen gehören unter anderem Kondensstreifen.

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Was sich für Airlines ab 2024 beim Emissionshandel ändert

17.11.2023

Airlines müssen sich auf Veränderungen beim Emissionshandelssystem einstellen: Welche Neuerungen genau kommen auf die Marktteilnehmer zu? Eine Erklärung.

Fluggesellschaften, die dem EU-ETS unterliegen, müssen seit 2012 für jede Tonne CO₂, die sie auf Flügen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) emittieren, eine sogenannte Berechtigung abgeben.

Einen Teil, nämlich 85 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Luftverkehrsberechtigungen (das sogenannte Luftverkehrs-Cap), erhält die Luftverkehrsbranche bisher kostenlos zugeteilt, wobei das Luftverkehrs-Cap in etwa das Emissionsniveau von 2005 umfasst und seit 2021 jährlich linear um 2,2 Prozent reduziert wird. Berechtigungen, die darüber hinaus für die Abgabe benötigt werden, müssen Fluggesellschaften hinzukaufen.

2024 führt zu Veränderungen

Ab 2024 wird das Luftverkehrs-Cap jährlich stärker gesenkt, nämlich um 4,3 Prozent. Gleichzeitig sinkt der Anteil an Berechtigungen, der aktuell noch kostenlos zugeteilt wird. Im Jahr 2024 beträgt dieser noch 63,75 Prozent und 2025 dann 42,5 Prozent. Auch die Zuteilungssystematik ändert sich.

Ein neues Antragsverfahren wird es aber nicht geben, eine Zuteilung erhalten alle im Jahr 2023 aktiven Fluggesellschaften automatisch. 2026 wird die kostenlose Zuteilung vollständig auslaufen; Fluggesellschaften werden dann jede einzelne Berechtigung für die Abgabe kaufen müssen. Seit 2012 sind die Preise für die Berechtigungen stark gestiegen, sie liegen derzeit bei circa 85 Euro. Der finanzielle Anreiz, CO₂-Emissionen zu vermeiden, steigt damit deutlich.

Auch wenn sie unscheinbar aussehen, tragen auch Kondensstreifen mindestens genauso zur Erderwärmung bei wie das vom Luftverkehr emittierte CO₂. Eine zusätzliche Erwärmung in etwa derselben Größenordnung wird durch die von Flugzeugen ausgestoßenen Stickstoffoxide (NOx) hervorgerufen.

NOx ist zwar selbst kein Treibhausgas, verändert aber die Methan- und Ozonkonzentration der Atmosphäre. Beide Effekte sind aufgrund der großen Höhen, in denen sie stattfinden, charakteristisch für den Luftverkehr und werden von anderen Verkehrsträgern in dieser Form nicht hervorgerufen. Aus diesem Grund werden sie auch als Nicht-CO2-Effekte des Luftverkehrs bezeichnet.

Global gemittelt ist die Klimawirkung dieser Effekte in etwa noch einmal doppelt so hoch wie die des CO₂ allein, jedoch kann sie für einzelne Flüge auch deutlich davon abweichen. Trotz ihrer hohen Klimawirkung waren die Effekte in der Vergangenheit in keinem Klimaschutzinstrument berücksichtigt.

Durch die neue Emissionshandelsrichtlinie (EHRL) sind Fluggesellschaften ab Anfang 2025 verpflichtet, die von ihnen verursachten Nicht-CO₂-Effekte zu überwachen und deren Umfang an die zuständige Behörde zu melden.

Eine Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen ist zu Beginn zwar noch nicht vorgesehen, jedoch muss die Europäische Kommission bis Ende 2027 einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. Fluggesellschaften wären damit für ihren gesamten Beitrag zur Erderwärmung dem Polluter Pays Principle unterworfen.

Nicht-CO₂-Effekte sind dabei durch verschiedene Maßnahmen vermeid- beziehungsweise reduzierbar. Dazu gehören geänderte Flugrouten, neue Technik oder nachhaltige Kraftstoffe.

SAF wird wettbewerbsfähiger

Nachhaltige Kraftstoffe sind aktuell noch erheblich teurer als herkömmliches Kerosin. Fluggesellschaften, die nachhaltige Kraftstoffe tanken, sind daher mit höheren Kosten konfrontiert. Die Änderung der EHRL ermöglicht diesen Fluggesellschaften ab 2024 auf Antrag eine weitgehende Erstattung der Preisdifferenz zu herkömmlichem Kerosin.

Die Erstattung erfolgt in Form einer kostenlosen Zuteilung von Luftverkehrsberechtigungen.

Die Europäische Union (EU) stellt dafür im Zeitraum von 2024 bis 2030 insgesamt 20 Millionen Berechtigungen bereit; diese werden dem Luftverkehrs-Cap entnommen. Wird der aktuelle Preis für Luftverkehrsberechtigungen von circa 85 Euro herangezogen, fördert die EU den Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe damit mit fast 1,7 Milliarden Euro. Bei zukünftig zu erwartenden höheren Preisen für Berechtigungen erhöht sich diese Summe sogar.

Das Antragsverfahren dazu wird derzeit erarbeitet. Neben dem EU-ETS gibt es seit 2021 auch das globale „Carbon Offseting and Reduction Scheme for International Aviation“(CORSIA). In der EU wird dieses internationale Klimaschutzinstrument der UN-Luftverkehrsorganisation ICAO durch die EHRL in europäisches Recht umgesetzt und mit dem EU-ETS verzahnt.

Beide Systeme überschneiden sich auf internationalen Flügen innerhalb des EWR. Da das EU-ETS gegenüber CORSIA deutlich ambitionierter ist, gibt es spezielle Regeln zum jeweiligen Anwendungsbereich.

Ausweitung der Regelungen möglich

Aktuell sind diese Regelungen bis Ende 2026 befristet. Gibt es in den kommenden Jahren keine Ambitionssteigerungen für CORSIA, sieht die EHRL vor, dass das EU-ETS auch auf Flüge ausgeweitet werden soll, die Europa in Richtung der restlichen Welt verlassen.

Mit diesen Beschlüssen und den weiteren Reformen, die im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets als Teil des European Green Deals im Frühsommer 2023 in Kraft traten, wird das EU-ETS gestärkt und erfährt einen weiteren Bedeutungszuwachs als Leitinstrument der Klimapolitik.

Für Fluggesellschaften bedeuten die Änderungen, dass sich die Geschwindigkeit, mit welcher der europäische Luftverkehr zur Klimaneutralität hin transformiert werden soll, erheblich erhöht. Es ist deutlich: Investitionen in CO₂-arme Technologien und Betriebsweisen lohnen sich immer mehr.

Gleichzeitig werden die Fluggesellschaften von der Europäischen Union unterstützt. Die von der EU bereitgestellten Mittel unter anderem für Forschung, Demonstrationsvorhaben oder die Förderung nachhaltiger Flugkraftstoffe helfen klimaengagierten Fluggesellschaften in großem Umfang. (ol)

Kay Köhler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Deutschen Emissionshandelsstelle in Berlin

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