Daimler Trucks baut E-Lkw und beteiligt sich am Aufbau der entsprechenden Ladeinfrastruktur

Bild: Daimler Truck AG

Warten auf das initiale Ladenetz für Lkw

08.03.2024

Die Ausschreibung für Lkw-Ladesäulen soll nach DVZ-Informationen im Sommer 2024 starten. Im Masterplan Ladeinfrastruktur II war das dritte Quartal 2023 anvisiert. Logistiker prüfen derweil den Einsatz von E-Lkw kritisch.


Die Ausschreibung für das E-Ladenetz für Lkw wird voraussichtlich im Sommer 2024 veröffentlicht. Das erfuhr die DVZ aus Branchenkreisen. Ursprünglich war sie laut Masterplan Ladeinfrastruktur II für das dritte Quartal 2023 vorgesehen. Die Verzögerung resultierte unter anderem aus dem Verfassungsgerichtsurteil zum Bundeshaushalt und der zwischenzeitlichen Haushaltssperre Ende des vergangenen Jahres.

Ein Hemmschuh bei den Ausschreibungen ist offenbar ein beim Europäischen Gerichtshof anhängiger Vergabestreit, bei dem es um die von Tank & Rast bewirtschafteten Raststätten geht. Der amerikanische Autobauer Tesla und der Ladestationsbetreiber Fastned haben gegen den Bund geklagt, weil er die Konzession für die Bewirtschaftung von Tankstellen und Raststätten ohne Ausschreibung auf Schnellladepunkte erweitert hatte.

„Der Aufbau des initialen Ladenetzes geht zu langsam“, sagt Urs Maier, Projektleiter Energie und Infrastruktur der Denkfabrik Agora Verkehrswende. Wichtig sei, dass die Netzanschlüsse für die Standorte der Autobahn GmbH jetzt schnell bestellt würden und die Ausschreibung zügig käme. Eine kleinere Zahl von Lkw-Ladepunkten ließe sich zeitnah an die Mittelspannung anschließen.

Gleichzeitig sollten aber auch Hochspannungsanschlüsse für größere Standorte bestellt werden. Deren Aufbau könne bis zu zehn Jahre dauern. Für einen schnellen Ausbau der öffentlichen Lkw-Ladeinfrastruktur seien darüber hinaus verstärkt Flächen und Netzkapazitäten an Autohöfen in eine Gesamtplanung miteinzubeziehen, empfiehlt Maier.

Hohe Stromspannung nötig

Die Ausschreibung und die Netzanschlüsse sind wichtige Grundlagen für den Ausbau von Ladeinfrastruktur an Autobahnen. Da gebe es noch viel zu tun, waren sich Logistiker vergangene Woche beim Forum Automobillogistik in Wörth am Rhein einig. Daimler Truck war Gastgeber des vom Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesvereinigung Logistik (BVL) ausgerichteten Branchentreffs.

„Es hängt an der Ladeinfrastruktur“, sagte Christian Schmidt von der Siemens Digital Logistics. „Die ist im Moment öffentlich nicht ausreichend vorhanden, um zumindest im Fernverkehr zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen.“ Das werde ein „großes Thema“ werden. Dabei gehe es nicht nur um das Bauen der Ladesäulen, sondern auch um das Netz. Ladestationen könnten nicht überall aufgestellt werden, weil je nach Größe des Ladeparks unter Umständen ein Hochspannungsanschluss nötig sei.

Lkw mit E-Antrieb sind laut Schmidt sauberer als die Dieselkonkurrenz und günstiger zu betreiben, vor allem mit guter Kalkulation, mit ausreichenden Lademöglichkeiten und einer Strategie beim Laden. Dann könnten sie sich trotz höherer Anschaffungskosten rechnen und gemessen an den Gesamtkosten günstiger als ein Verbrenner sein. Daimler-Truck-Vorständin Karin Radström sagte, ein E-Lkw sei in der Anschaffung mindestens doppelt so teuer wie ein Diesel.

Die Logistiker zeigen sich offen für E-Lkw. Hakan Bicil, Chef der Duvenbeck Unternehmensgruppe antwortete auf die Frage, ob elektrisch betriebene Lkw in der Praxis ankämen, mit „Jein“. Schmidts Darstellung des E-Lkw sei idealtypisch – und so einen Fall habe er in seinem Unternehmen auch: Geld zu verdienen oder zumindest keines zu verlieren, sei möglich. „Das funktioniert nur, wenn man das Geschäftsmodell dem Fahrzeug anpasst und nicht umgekehrt.“ Als Dienstleister müsse man dem Kunden Lösungen liefern, die nicht immer idealtypisch seien.

Genauso sieht es Martin Gruber. Jeder müsse verstehen, dass man sich an die Elektromobilität anpassen müsse. Einfach durchzustarten gehe nicht, sagte der Chef von Gruber Logistics. Das Unternehmen hat derzeit 12 E-Lkw im Fernverkehr, bis Juni kommen 20 hinzu. Duvenbeck hat aktuell 20 E-Lkw, will aber bis Ende des Jahres auf 140 aufstocken. Hinzu kommen 1.500 Diesel-Lkw.

Die Spediteure sind optimistisch, was den Ausbau der E-Lkw-Flotte angeht. Schmidt hält einen E-Lkw-Anteil von 60 bis 70 Prozent bis 2030 für möglich. Gruber wendet allerdings ein, dass ohne Unterstützung von Versicherungen, Herstellern und Staat sowie einer entsprechenden Ladeinfrastruktur die 70 Prozent nicht zu erreichen seien. Sein Fazit lautet: „Wir müssen wollen – und auch dafür bezahlen.“

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