Je geringer die Verkehrsdichte, desto niedriger der Emissionsausstoß: Tourenplanung nach Fließgeschwindigkeit ist effizient und nachhaltig – das ermittelt die mathematische Datenauswertung.

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Nachhaltige Tourenplanung lohnt sich

11.05.2023

Nachhaltigkeit und Kostenbewusstsein sind für Speditionen zwei Seiten derselben Medaille, meint Greenplan-Geschäftsführer Clemens Beckmann. Der ehemalige Postmanager blickt auf die Gesamtkosten und erkennt den Return on Invest automatischer Tourenplanung oft schon nach wenigen Monaten.

Tourenplanung ist eine komplexe Aufgabe mit vielen Variablen. Je mehr Faktoren dabei zu berücksichtigen sind, desto schwieriger wird sie. Die Beispiele reichen von Fahrerqualifikationen über Lkw-Eigenschaften bis hin zu Zustellzeitfenstern. Kommen mehrere Anforderungen zusammen, wird die Planung zur Herausforderung und ohne IT-Unterstützung sehr häufig ineffizient. Das behauptet jedenfalls Clemens Beckmann, Geschäftsführer des Bonner Scale-ups Greenplan.

„Wer komplexe Planungsaufgaben besonders effizient bewältigen will, muss jede denkbare Alternative prüfen“, erklärt Beckmann. Ein Tätigkeitsfeld, das sein Berufsleben schon lange prägt. In jeder seiner bisherigen Positionen gehörten Entwicklung, Beratung und Innovation selbstverständlich zu seinen Aufgaben. Deshalb fällt es ihm leicht zu erklären, warum die Disposition von Hand Kapazitäten verschwenden und Ressourcen unvollständig auslasten muss: „Tourenplanung ohne IT-Unterstützung braucht klare Strukturen, damit sie in der verfügbaren Zeit zu leisten ist“, sagt er. Das gelinge letztlich nur über die feste Gebietszuordnung, die Fahrzeuge und Zustellgebiete miteinander verknüpfe. Sie sei gleichzeitig jedoch starr und berge das Risiko, aufgrund der statistischen Streuung der Sendungsmengen im Schnitt ein halbes Fahrzeug pro Gebiet nicht auslasten zu können.

Über Greenplan

Greenplan wurde 2020 als Spin-off von Deutsche Post DHL gegründet, im Frühjahr 2022 in einem Management-Buy-out durch die Initiatoren Clemens Beckmann und Florian Merget übernommen. Seit Oktober 2022 ist die Ehrhardt + Partner Group (EPG) an dem Scale-up beteiligt.

IT-gestützte Tourenplanung könne hingegen deutlich mehr Faktoren berücksichtigen und die bestmögliche Option erheblich schneller sowie mit höherer Genauigkeit ermitteln. „Ein Planungsalgorithmus berechnet Gesamtzeitmodelle, die Stand- und Handlingzeiten enthalten“, berichtet der Datenanalytiker. Das erfordere Vorarbeit, weil die Software individuelles Disponentenwissen und Planungsbesonderheiten wie Gefahrguthandling erst erlernen müsse. Dann aber lasse sich mindestens die halbe Planungszeit einsparen und die Tourenplanung je nach Rechentiefe in zwischen 15 und 60 Minuten vollautomatisch erledigen.

Fließender Verkehr ist nachhaltiger

Das Besondere dabei: Die Software verarbeitet auch historische Daten und sammelt jeden Tag zusätzliche Informationen, die ihr helfen, stauvermeidend zu planen und damit Emissionen zu verringern. Die automatische Tourenplanung sei insbesondere dazu in der Lage, komplexe Aufgaben wie die Berechnung von Zeitfenstern und voraussichtlichen Ankunftszeiten (ETA) mühelos zu erledigen. „Je mehr Daten die Software bekommt, umso präziser kann sie planen. Sie sorgt für Flexibilität bei Kapazitätseinschränkungen und berücksichtigt sowohl die Kosten als auch die Arbeitszeiten“, sagt Beckmann.

Besonders effizient werde die dynamische Tourenplanung, wenn sie mit überlappenden Planungsgebieten arbeite, die sich nicht starr nach Bezirken oder Postleitzahlengebieten richteten. „Dann können wir die Fahrzeuge deutlich besser auslasten, mit kurzen Entfernungen zwischen den Stopps rechnen und zusätzlich davon profitieren, dass die Fahrer in ihrem Stammgebiet routinierter agieren“, begründet der Mathematiker. Mit einem überzeugenden Ergebnis, das für Spedition und Umwelt gleichermaßen rasch spürbar werde: Die Effizienz der Fahrzeuge, Streckenlängen, Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß verringerten sich signifikant, jeweils mindestens zwischen 10 und 20 Prozent.

In der Kostenkalkulation mache sich das ebenfalls deutlich bemerkbar. „Der Return on Invest entsteht häufig schon nach drei bis vier Monaten. Denn wer deutlich weniger Lkw einsetzen muss, spart spürbar“, sagt Beckmann und fügt hinzu: „Ähnlich der chaotischen Lagerhaltung kommen wir mit der dynamischen Tourenplanung einer maximalen Kapazitätsauslastung erheblich näher.“ Zudem mildere die höhere Effizienz auch den Fachkräftemangel und sorge für eine bessere Lieferfähigkeit. Der Verzicht auf eine Nachtschicht in der Disposition sowie Touren ohne nervtötende Wartezeiten im Stau verbesserten zusätzlich die Arbeitsbedingungen. Unternehmerisch sei so bereits viel gewonnen.

Rasen blockiert Verkehrsraum

Noch deutlich nachhaltiger könnten die Anwendungen planen, wenn knappe Ressourcen aus volkswirtschaftlicher Perspektive mit realistischen Preisen belegt würden. „Schadstoff- und Lärmemissionen lassen sich am besten durch eine geringere Straßenbelastung vermeiden“, so Beckmann. Das führe wiederum dazu, dass ein gleichmäßigerer Verkehrsfluss entstehe und die Straßen dabei dennoch stärker ausgelastet werden könnten. „Gesamtgesellschaftlich betrachtet, blockiert eine zu hohe Geschwindigkeit zu viel Verkehrsraum und ist damit eigentlich zu teuer“, erklärt er.

Welche Maßnahmen die Nachhaltigkeit rasch verbessern könnten? Ein Tempolimit auf Autobahnen für alle Verkehrsteilnehmer, weil es den Verkehrsfluss verbessere und regelmäßiger mache, sowie eine an der Nutzungsintensität orientierte Maut. „Die effektivste Verbesserung lässt sich erzielen, wenn wir die Verkehrsdichte messen und den Mautpreis in Zeiten mit zu hoher Verkehrsdichte signifikant erhöhen“, sagt Beckmann. Mit diesem präzisen Steuerungsinstrument gelinge es, das gesamte Straßennetz in eine Art virtuelles verteiltes Netzwerk zu transformieren, in dem sich der Ressourcenverbrauch kostenorientiert selbst steuere. „Erst mit diesem Plus an gesamtgesellschaftlicher Orientierung kann eine noch nachhaltigere Planung im Einzelfall kostenakzeptabel werden. Für ein einzelnes Unternehmen ist dynamische Tourenoptimierung aber immer beides: nachhaltiger und kostengünstiger“, resümiert der Greenplan-Geschäftsführer.

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